Donnerstag, 13.08.2015
Morgens um 7:00 Uhr ist die Welt noch in Ordnung auf dem Campingplatz....
Das Rauschen der "La Loue" hat mich durch die Nacht begleitet. Heute bin ich früh dran und "schon" um 09:20 Uhr bereit zur Abfahrt.
Bereits gestern Abend hatte ich bei einer Motorrad-Abschlussrunde festgestellt, dass die Landschaft nur wenige Kilometer südlich, gerade hinter der nächsten Ortschaft, dramatische Züge annimmt.
Da tut sich ein wahrer Canyon auf!
Eigentlich wollte ich in der nächsten größeren Ortschaft südlich vom Campingplatz nach dem dortigen freien WLAN fahnden. Aber nachts mit dem Motorrad mehr oder weniger allein solche Straßen befahren.. man sollte sein Glück nicht überstrapazieren. Also mache ich kehrt.
Jetzt, am nächsten Morgen, schaue ich mir den Canyon noch einmal bei Tageslicht an.
Aber vorher geht es noch einmal durch das schöne Lods.
Die Franzosen sind wirklich mit großartigen Landschaften gesegnet.
Am liebsten würde ich noch einen Tag im Franche-Comté verweilen. Aber da zieht eine dicke Schlechtwetterfront heran.
Quelle: App Meteo Earth
Und leider wird diese laut Vorhersage auch wenig später die Gegend um Nancy und damit Verdun erreichen, wohin ich mich heute auf Landstraßen eigentlich in Heimat aufmachen wollte. Verdun wird mir also wohl weniger Freude machen bei so einem Wetter.
Deshalb entschließe ich mich zur Heimfahrt. Im Lods zieht es sich schon zu als ich mich gen Norden aufmache und zunächst dem Lauf der "La Loue" folge. Ich möchte solange wie möglich ihrem Lauf in dem schönen Flusstal folgen.
Über dem Wasser bildet sich Nebel. Der Morgen ist für mich die schönste Zeit des Tages. Wie schade, dass ich von Biorythmus eher der Typ "Nachteule" bin und Frühaufstehen harte Arbeit für mich ist.
Nachdem ich nun schon mehrfach gegen den ausdrücklichen Protestes meines Navi dem Flusslauf gefolgt bin, muss es irgendwann sein und ich biege rechts ab, Kurs Nordost.
Motorradreise im August, noch so ein Anfängerfehler, der sich nun rächt. Es ist einfach viel viel viel zu heiß, schier unerträglich.
Quelle: App Weather Pro
Ja, dürfen's vielleicht noch a paar Grad mehr sein? Das sind ja die Werte im Schatten. Unglücklicherweise ist Schatten so selten auf Autobahnen. Aber schließlich komme sogar runter von der Autobahn.
Zunächst auf eigenen Entschluss vor der "Peage"-Piste hinter Belfort. Vor Belfort hatte mich ein Bezahlautomat geärgert, der meine Kreditkarte ignorierte. Als der Unmut der Wartenden hinter mir zunahm, schmiss ich hasserfüllt einen 50 Euro Schein mit den Worten " Nimm das!!" in den Schlitz. Der Automat rächte sich, indem er 44 Euro Wechselgeld in 2 Euro Münzen auswarf. Jackpot bei 40 Grad.
Wie Sterntaler habe ich dann meine fette Beute versucht in den diversen Taschen der Motorradjacke unterzubringen. Die Kleingeldabteilung meines Portmonees war traditionell schon vorher überfüllt.
Die Strecke auf der Landstraße verläuft von Belfort in Richtigung Deutschland nahezu parallel zur Autobahn und zum einen verkehrsarm und zum anderen landschaftlich und fahrerisch abwechslungsreicher als die Autobahn. In Richting Colmar kürze ich auch deutlich den Weg ab. Die Ecke über Mühlhausen entfällt.
Richtung Norden bleibe ich dann weiterhin in Frankreich auf der dort mautfreien Autobahn nach Straßburg.
Es wird derart heiß, dass selbst das Navi Aussetzer bekommt und des Öfteren Resets durchführt, was es sonst nicht macht.
Wieder in Deutschland dreht es schließlich völlig durch und lotst mich bei dieser abartigen Hitze durch die City von Ludwigshafen!! "Schnellste Route mit Autobahn" wohlgemerkt ist eingestellt!! Oder hatte ich selbst zuvor im Hitzedelirium Abbiegeabweisungen missachtet?
Egal, nun hänge ich auch noch in einem nicht enden wollenden innerstädtischen baustellenbedingten Stau. Aber auch der ist irgendwann durchlebt und ich rausche über Mannheim, Frankfurt und Kassel nach Norden. Die Knie schmerzen durch den Druck der Protektoren. Wenn jemand in diesem Punkt einen Tipp hat, bitte kommmentieren!!
Die Abstände zwischen den Pausen werden immer kürzer. Nachdem die Sonne untergegangen ist, wird es klimatisch angenehm. Irgendwann kurz vor 23:00 Uhr passiere ich das Ortsschild Salzgitter. Geschafft.
Die Triumph hat sich klasse geschlagen. Die läuft bisher (rund 9.000 km) ohne technische Probleme und stets zuverlässig (3 mal auf Holz geklopft!). Mit dem Motorrad kann man auch ganz vorzüglich bummeln, so in 6. Gang mit Tempo 40 bis 80 ruhig dahinschnüren. Und wenn's pressiert, bis 13.000 U/min hochdrehen und ein Leistungsfeuerwerk a la Starfighter erleben. Die macht einfach alles mit und glänzt mit narrensicheren Fahreigenschaften. Für lange Touren hat sich die Anschaffung der "High Rider" Gelsitzbank aus dem Triumph Zubehörprogramm mehr als bezahlt gemacht. Damit hat das Motorrad zusammen mit der weich ansprechenden Federung einen ausgezeichneten Gesamtkomfort bei zugleich extrem hoher Fahrstabiltät und ausgeprägter Handlichkeit (Leergewicht 189 kg). Das ist die berühmte Eier-legende-Woll-Milch-Sau, nach der ich jahrelang gesucht habe.
Was die Street Triple nicht perfekt kann, ist Drehen auf engstem Raum. Der Wendekreis ist durch die Upside-Down-Gabel eingeschränkt. Auch ist das Drehmoment bei Leerlaufdrehzahl nicht so hoch, da ist schnell mal zwischendurch der Motor abgewürgt.
Franche-Comté, ich komme bestimmt wieder. Vielleicht mit Familie und Wohnwagen, vielleicht wieder mit Motorrad, mal sehen. Der Landstrich ist allemal eine Reise wert.
Ach ja, die Wettervorhersage hatte recht behalten. So sah dann das Wetter im ursprünglichen Zielgebiet aus: